Die jährliche Mitgliederversammlung der Kieler Tafel fand diesmal am 21. Mai statt. Wie üblich kam nur etwa ein Drittel unserer 74 Mitglieder dazu in „unsere“ Sozialkirche.
Schade! Ist doch diese Veranstaltung für jeden, der bei uns mitmacht hochinteressant: die Verantwortlichen legen Rechenschaft über ihre Arbeit im vergangenen Jahr ab und berichten, was aktuell bei ihnen läuft. Ihre Reports fügen sich zu einem informativen, lebendigen Bild von Zustand und Aktivitäten der Kieler Tafel zusammen.
Hier eine Zusammenfassung:
Allgemeine Situation:
Im vergangenen Sommer verließ Bernd Blohm den Vorstand und auch die Kieler Tafel von einem Tag auf den anderen – empört über die Unterstützung der Aktion „Umfairteilen“ durch den Bundesverband Deutsche Tafel e.V. Seitdem besteht das Vorstandsteam aus Hape Hertrich, Frank Hildebrandt, Luise Jakoby und Barbara Kotte. Jeder hat seinen bestimmten Aufgaben-Schwerpunkt: Hape Hertrich die Finanzen, Frank Hildebrandt – gleichzeitig Ländersprecher der Tafeln SH und HH – Helferverwaltung und Rechtsberatung, Luise Jakoby die Ausgabestellen, Barbara Kotte die Öffentlichkeitsarbeit. Abgesehen von Bernd Blohms Ausscheiden brachte das vergangene Jahr wenig Veränderungen mit sich. Die Zahl der Ausgabestellen (7) blieb konstant, die Zahl der von uns versorgten Haushalte in etwa auch (gut 1.800). Es gab weder ein neues Fahrzeug, noch sonstige Anschaffungen. Wir hätten sie uns auch gar nicht leisten können. Während es in der Bilanz am Ende ein leichtes Minus gab, nahm die Zahl der Helfer (aktuell 195) leicht zu. Unseren ehrenamtlichen Helfern gehen in der Sozialkirche, im Fahrdienst und im Depot einige 1 Euro Kräfte und Bürgerarbeiter (über die Ev. Stadtmission und die DAA) tatkräftig zur Hand. Alle gemeinsam machten es möglich, dass unser so schwierig zu organisierender Schichtbetrieb auch im vergangenen Jahr Tag für Tag ziemlich reibungslos funktionierte. Ellen Ohlsen, unsere Fahrdienst-Koordinatorin, sprach es aus: Tatsächlich gab es seit der Tafelgründung im Januar 1995 keinen einzigen Arbeitstag, an dem unsere Helfer nicht Lebensmittel im Handel einsammelten, transportierten, sortierten und an Bedürftige weitergaben. Im vergangenen Monat knapp 50 Tonnen.
Finanzielle Situation:
Die Kieler Tafel hat inzwischen – mit großem Depot, mit dem TafelLaden in der Sozialkirche, sechs weiteren Ausgabestellen, vier Fahrzeugen und fast 200 Ehrenamtlichen – die Größe eine mittelständischen Betriebes erreicht. Die Ausgaben erreichten eine Höhe von rund 145.000 Euro. Die Raum-/Energiekosten waren dabei mit rund 60.000 Euro der größte Brocken und damit gut doppelt so hoch wie unsere Fuhrparkkosten. Etwa 11.000 Euro gaben wir als Betriebskosten aus, knapp 5.000 Euro für Versicherungen und Gebühren.
Unsere Einnahmen blieben um gut 6.000 Euro hinter den Ausgaben zurück. Das war gar kein so negatives Ergebnis wie es auf den ersten Blick scheint, denn in seiner Ausgaben-Bilanz weist unser sorgfältiger Schatzmeister Hape Hertrich stets auch beachtliche Abschreibungen und Rücklagen (26.000 Euro) aus – beruhigendes Polster für unerwartete Ausgaben. Bis auf minimale Zinserträge bestanden unsere Einnahmen wieder ausschließlich aus Beiträgen von Mitgliedern und Förderern, aus Spenden von Privatpersonen und Institutionen und aus den sogenannten Tütengeldern unserer Kunden. Jeder Kunde zahlt pro Einkauf 1 Euro Tütengeld, Großfamilien ab fünf Personen zahlen seit letztem Jahr 2 Euro. Insgesamt nahmen wir damit rund 45.000 Euro ein. Die Beiträge unserer 74 Mitglieder und 114 Förderer machten 10 % unserer Einnahmen aus. Aber ohne unsere Spender könnten wir einpacken: fast 73.000 Euro ließen sie der Tafel zukommen. In großen wie in kleinen Beträgen.
Büro und Verwaltung:
Unser Büroteam ist das Bindeglied zwischen Tafel und Lieferanten, aber auch zwischen Tafel und Kunden. Die Verwaltung von Kunden, Waren, Tafelkleidung etc. erfolgt über ein speziell für uns von Akquinet erarbeitetes Software-Programm. Büroleiter Wolfgang Amft kümmert sich zudem um die Einhaltung der Hygienevorschriften.
Fahrdienst:
Unser Fahrerteam besteht aus 25 Männern und 2 Frauen, von denen sieben in einem 1 Euro Job arbeiten. Mehrere Fahrer sind Studenten: Eine erfreuliche Folge von Aushängen in Uni und FH, mit deren Hilfe wir Fahrer suchten. Zwei unserer Fahrer nahmen am – von der Tafel-Stiftung gesponserten – ADAC Sicherheits-Training teil.
Personal:
Wir haben inzwischen fast 200 ehrenamtliche Helfer. Unsere Teams in allen Arbeitsbereichen sind die meiste Zeit des Jahres gut besetzt, dennoch gibt es natürlich immer wieder Engpässe. Meist können wir sie schnell ausgleichen, es vergeht kaum einmal eine Woche ohne Anfragen von Interessenten. Jede/r neue Helfer/in erhält nach den ersten Wochen eine informative „Begrüßungsmappe“. Inhalt: Unser Leitbild, die Ämter- und Aufgabenverteilung und die Übersicht Zahlen-Daten-Fakten.
Das Depot:
Das Depot ist das Herzstück der Tafel. Hier werden die Waren angeliefert, sortiert und für die sozialen Einrichtungen und Ausgabestellen aufgeteilt und bereitgestellt. Ausreichende Warenmengen hatten wir eigentlich das ganze Jahr über, wenn auch nicht immer das ganze Sortiment. Wenn es knapp war, konnten Depotleiter Jürgen Wagner und seine Teamleiter meist von Vorräten aufstocken. Zum Beispiel hatte die CITTI-Sammlung im Advent 113 Kisten haltbare Lebensmittel gebracht. Diese Eiserne Reserve ging erst im Mai 2013 zur Neige. Sehr willkommen sind neben den täglichen Lebensmittelspenden die Spenden – z.B. Tiefkühlpizza von Wagner und Dr. Oetker, Marmelade aus Schwartau, Marzipan von Niederegger – aber auch die kollegiale Unterstützung von anderen Tafeln wie der großen Hamburger Tafel oder auch der Tafel aus Süderbrarup, von deren Nachbarschaft zur Fleisch- und Wurstfabrik in Böklund wir immer öfter profitieren dürfen.
Großes Lob für unsere Sortierer:
Unsere Sortierer arbeiten unermüdlich im Depot – hinter den Kulissen. Viele Kunden machen sich wahrscheinlich gar keine Gedanken darüber, dass die Ware, die sie bekommen vorher aufmerksam kontrolliert worden ist. Den Dank der Kunden jedenfalls erleben nur die Helfer in den Ausgabestellen. Die Sortierer bekommen „von der Front“ vor allem Kritik, wenn die Ware nicht in Ordnung war. Während die einen Brot, Brötchen und Kuchen so verpacken, dass sie möglichst weder verschimmelt noch vertrocknet in den Ausgabestellen landen, kontrollieren andere die Kühlwaren nach Verfallsdatum, sortieren Babynahrung mit abgelaufenem MHD aus und retten Nährmittel aus beschädigten Packungen.
Die anspruchsvollste Tätigkeit ist jedoch das Sortieren von Obst und Gemüse. So gut wie alles was wir an Obst und Gemüse vom Handel erhalten, hat ja schon beim Eintreffen „eine Macke“ – sonst würden wir es nicht bekommen. Die Kunst der Sortierer ist es nun, nicht nur Schlechtes von Gutem zu trennen, sondern sich auch vorzustellen, in welchem Zustand der gute Rest am folgenden Ausgabetag sein wird. Was ist unproblematisch, was hält sich auch nicht in der Kühlzelle? Vor und nach den langen Feiertagen – Weihnachten, Ostern und Pfingsten – ist die Situation kaum noch zu bewältigen. Speziell zu Pfingsten, in einer Jahreszeit, in der Obst und Gemüse schon wieder reichlich angeboten werden. Am letzten Pfingstwochenende stapelten sich die Erdbeerkartons, die Salattürme, die Spargelkisten. Vieles in Plastikfolie verpackt. Allein schon sie zu entfernen ist eine Heidenarbeit. Und obwohl unsere Sortierer – Frauen und Männer – am Freitag und am Sonnabend unermüdlich und vorausschauend gearbeitet hatten, war am Dienstag ein großer Teil dieser sortierten Ware reif für die Tonne. Alle Mühe für die Katz! Dazu kam Nachschub, der beim Handel auch schon seit dem Wochenende gestanden hatte. Unappetitlicher Nachschub. Verschimmelter Spargel, Pilze mit Pelz. Am Ende hatten wir keine Abfalltonnen mehr. Und es stellt sich die Frage, wie wir künftig über die langen Feiertage verfahren. Die Annahme der verderblichen (oder bereits verdorbenen) Ware verweigern? Dann riskieren wir den Unwillen manchen Marktleiters. Aufs Sortieren verzichten und gleich entsorgen? Oder weiter dagegen an arbeiten?
Wir müssen uns Gedanken machen. Ideen sind willkommen.
Ausgabestellen und Soziale Einrichtungen:
Unsere Ausgabestellen befinden sich in Elmschenhagen, Flintbek, Friedrichsort, Gaarden (TafelLaden), Kronshagen, Mettenhof, Wellingdorf. Sie werden unterschiedlich frequentiert. Flintbek hat nur etwa 35 Kunden, der TafelLaden schon mal bis zu 200 Kunden. Außerdem findet Sonnabends im Schwedendamm eine zusätzliche Brotausgabe statt, zu der sich regelmäßig 35 – 50 Menschen einfinden. Zurzeit erhalten zudem 29 Soziale Einrichtungen – von der Aidshilfe über Frauenberatung, Kinder- und Jugendbauernhof bis zur Heilsarmee – Lebensmittel von uns.
Einige Einrichtungen holen die Ware im Depot ab, andere werden beliefert. Entsprechend unserem „Tütengeld“ haben wir im vergangenen Jahr auch für diese Kunden einheitliche Gebühren festgelegt: bei Lieferung bezahlen sie 20 Euro im Monat, bei Abholung die Hälfte.
Die Kooperation Sozialkirche:
In der Sozialkirche arbeiten wir in friedlicher und harmonischer Kooperation mit der Kirchengemeinde Gaarden und der Ev. Stadtmission. Hier befindet sich unser TafelLaden, der an vier Wochentagen geöffnet ist. Kritisch wurde es im vergangenen Jahr nur, weil das Förderprogramm „Soziale Stadt“ – darüber finanzierte die Stadtmission ihren Part – auslief. Große Erleichterung, als die Ratsversammlung der Fortbestand sicherte.
Öffentlichkeitsarbeit:
Die Öffentlichkeitsarbeit umfasst ein breites Spektrum: die TafelAktiv gehört dazu. Sie erscheint möglichst viermal im Jahr und informiert Helfer und Mitglieder, Spender und Sponsoren über das Tafel-Geschehen. Weitere Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit: Pressemeldungen, unser Internetauftritt, Betreuung von Besuchern. In den Medien – und damit in den Köpfen der Kieler – präsent zu sein, ist äußerst wichtig für uns: Im letzten Jahr waren wir wieder fast 30mal in der Zeitung.
Betreuung und Organisation unserer Aktionen sind Elke Kocks Ressort. Sie kümmerte sich u.a. um die CITTI-Aktion im Advent, half die Weihnachtspäckchen- Flut zu bewältigen und vertrat die Kieler Tafel bei Ländertreffen und beim Bundestafeltreffen 2012 in Suhl.
Akquise:
Unsere Außendienstmitarbeiter Manfred Haß und Harry Weichbrodt halten den wichtigen Kontakt zu unseren Lieferanten. Inzwischen geht es fast nicht mehr um die Gewinnung neuer Lieferanten (wir haben sie fast alle), sondern um ein gutes Miteinander. Das Fazit dieser Zustandsbeschreibung: Unsere Kieler Tafel ist wie ein komplizierter Motor, bei dem sich viele Rädchen drehen müssen, damit er funktioniert. Jedes dieser Rädchen ist unverzichtbar.
Und – es funktioniert!